Mehr als 50 Freundinnen und Freunde des gepflegten Wein- und Käse-Genusses waren der Einladung der Fair-Bio Genossenschaft zur Biowein- und Biokäse-Verkostung gefolgt – einmal am 5. August und einmal am 7. Oktober. Die fachkundige Begleitung der Weinverkostung übernahm Genosse und Weintechnologe Joshua Krauß, Kellermeister, Juniorchef und „Winemaker“ im Bioweingut Die Käseexpertin war Anke Getzschmann, Käsefachberaterin bei Naturkost Elkershausen. Die begleitenden „Pairing-Leckereien“ hatte der Gemüseladen Geismar beigesteuert. Was unterschied die Biowein- und Biokäse-Verkostung von einer „normalen“ Verkostung? Klar: jede Menge Infos über Anbau, Herstellung, Bedingungen, Besonderheiten und Herausforderungen der Bioprodukte, die sämtlich aus ökologischer und nachhaltiger Produktion stammten. Doch die Gäste waren nicht nur zum Lernen da, sondern vor allem zum Schmecken, zum Riechen und zum Genießen.
Biowein und Biokäse: Qualität statt Quantität
So erfuhren die Gäste etwa, wie stark sich ein Biowinzer ohne den Einsatz chemischer Pestizide und Herbizide mit der Natur verbünden muss. In den Gassen zwischen den Weinpflanzen werden nützliche Kräuter und bodenauflockernde Pflanzen kultiviert. Biowinzerinnen und -winzer behandeln ihre Weinstöcke mit natürlichen, mineralischen Mitteln, die die Pflanzen stärken und keine Rückstände hinterlassen. Dafür werden sie mit gesunden, gut gereiften und pestizidfreien Trauben belohnt. Der Bioweinbau setzt auf Qualität statt Quantität. Das schmeckt man im Weinglas, stellte der junge Weintechniker mit seinem Sekt und seinen fünf Weinen unter Beweis. Die frischen, kernigen, sauberen und vollmundigen Weine überzeugten die Gäste augenblicklich von der Biowein-Philosophie des Hauses Krauß. Mit dem trockenen Weißburgunder präsentierte Krauß stolz sein Wein-Meisterstück, das er komponiert, gekeltert und zur Prüfung seinen Ausbildern an der Hochschule Geisenheim präsentiert und Bestnoten eingeheimst hatte.
Kleine Käserreien brauchen unsere Unterstützung
Auch was die Biokäse-Herstellung von der konventionellen Käseproduktion unterscheidet, war vielen Gästen nicht klar. Etwa wie schwer es kleine Biokäsereien haben, mit ihren geringen Mengen und lokalen Absatzwegen beim Großhandel und damit auch im Bioladen Fuß zu fassen. Fair-Bio Vorstand Hermann Heldberg erinnerte daran, dass sich die Fair-Bio Genossenschaft genau für die Zukunft dieser kleineren, regionalen, ökologisch arbeitenden Käsereien stark machen müsse.
Viele Details zur Käseproduktion waren aufschlussreich, etwa die wichtige Rolle, die das Lab in der Käseherstellung spielt. Was einige Gäste nicht wussten: auch Biokäsereien arbeiten mit Kälberlab. Getzschmann: „Die Kälbchen sorgen mit dem Lab dafür, dass die Kuhmilch in ihren Mägen eingedickt wird und somit besser aufgeschlossen und verdaut werden kann. Jedes Kälbchen hat sozusagen seine eigene kleine Käserei in seinem Inneren!“ Mikrobielles Lab wird im Gegensatz zu tierischem Lab im Labor gezüchtet. Es wird auch als Labaustauschstoff bezeichnet und wird meist von Vegetariern bevorzugt. Für die Gewinnung werden bestimmte Schimmelpilze durch Mikroorganismen fermentiert, erklärte Getzschmann. Ihrer Überzeugung nach reiche dieses mikrobielle Lab aber nicht an die Qualität des natürlichen Kälberlabs heran. Getzschmann: „Ja, es ist ein tierisches Produkt. Aber kein Kalb wird geschlachtet, um Lab zu gewinnen. Es ist ein Nebenprodukt der Fleischproduktion.“ Außerdem sei Kälberlab in der Käseherstellung äußerst ergiebig: Mit dem Kälberlab aus einem Magen lassen sich bis zu 50.000 Liter Milch dick legen.
Geschmacksexplosionen mit Bio-Köstlichkeiten
Das besondere des Bio-Verkostungsabends war nicht nur die Wissensvermittlung, sondern vor allem das Geschmackserlebnis. Denn Käse und Wein waren nicht nur köstlich, sondern harmonierten auf vortreffliche Weise miteinander: der trockene Rieslingsekt mit dem samtig-zarten Weinbergkäse aus der Bourgogne, der trockene Chardonnay mit dem feinen Chavré de Provence Ziegenweichkäse aus Frankreich, der halbtrockene Dornfelder mit dem nussigen, zart auf der Zunge schmelzenden Blauschimmelkäse aus der Auvergne.
Aber bei Wein und Käse blieb es nicht – sechs begleitende Bioleckereien setzten noch eine Geschmacksexplosion drauf. Wer sich an die Schlüsselszene aus dem Animationsfilm Ratatouille erinnert, ist sofort im Bilde: der Käse schmeckt köstlich, die Erdbeere schmeckt köstlich, aber beides zusammen: etwas wundervoll Neues betört den Gaumen. So erlebten es die Fair-Bio Gäste mit den sechs Käsesorten, erst einzeln verkostet, dann im jeweiligen „Pairing“ mit Zitronenbalsam, frischem Apfel, dem Fruchtaufstrich aus schwarzer Johannisbeere, dunkler Schokolade, Walnüssen und Quittenmus. Eine Genossin nach der Verkostung: „Die Kombinationen passten perfekt und waren ein unvergessliches Erlebnis. Die Kombi Blauschimmelkäse mit Quittenmus merke ich mir!“
Die nächsten Wein-Käse-Verkostungen finden voraussichtlich im Februar 2023 statt – die Termine werden rechtzeitig bekannt gegeben.